Apfelfreund*innen

Andreas und Michaela

Auf der Website frommechaoten.de haben Andreas und Michaela in vielen Beiträgen von ihren Hochzeitsvorbereitungen, ihrer Hochzeit im September 2006 und ihrem gemeinsamen Weg erzählt.

Wir machen uns gemeinsam auf den Weg, durch das Leben, durch den Tag und die Nacht. Wir trauen uns gemeinsam auf den Weg und wir geben aufeinander Acht. Auch wenn der Tag dann zum Alltag wird, wissen wir, dass wir gesegnet sind. Mit Gottes großer Liebe können wir durchs Leben gehn.

Aus einem Lied von Fritz Baltruweit

Michaela starb im November 2006, und von einer Sekunde auf die andere war alles zerstört. Auf der gemeinsamen Website folgten noch einige Monate lang weitere Beiträge, die Andreas halfen, seiner Trauer Worte zu verleihen. Mittlerweile hat aber auch die Website von Andreas und Michaela ihr Ende gefunden.

Die Trauer bleibt bestehen

Und doch geht die Fröhlichkeit nicht verloren. Zudem hat sich meine Trauer um Michaela verändert und steht nicht im Widerspruch zur Fröhlichkeit und Hoffnung, mit der ich heute auf mein Leben blicke. Michaelas Tod ist zu einem wesentlichen Teil meines Lebens geworden. Erinnerungen und Gefühle verblassen, der gemeinsam gegangene Weg bleibt.

Die folgenden Beiträge habe ich vier, sieben, acht und zehn Jahre nach Michaelas Tod geschrieben.

Zudem habe ich einige Beiträge, in denen ich damals meine Trauer zum Ausdruck gebracht habe, auf dieser Seite nahezu unverändert archiviert. Es beginnt mit dem Tag, an dem alles endete.

Tod

Heute Morgen ist Michaela bei einem Autounfall unverschuldet aus dem Leben gerissen worden. Für uns endet unser gemeinsamer Weg auf eine so schreckliche Art, die ich nicht fassen kann. Unsere Welt, unsere Lebensfreude, unsere Zukunft, alles hat heute sein Ende gefunden.

Ich liebe Dich, meine herzallerliebste »Michmaela«.

Herr, mein Gott. Ich danke dir für das gemeinsame Leben mit Michaela. Ich danke dir, dass du ihren Leib und ihre Seele zur Ruhe hast kommen lassen. Deine Hand war über Michaela und hat sie behütet und bewahrt. Vergib allen Kleinglauben und alles Unrecht und hilf, dass ich gerne vergebe. Lass Michaela in Frieden unter deinem Schutz schlafen und bewahre sie und mich vor den Anfechtungen der Finsternis. Ich befehle dir Michaelas Leben und ihren Tod. Ich befehle dir mein Leben. Gott, dein heiliger Name sei gelobt! Amen.
Nach einem Abendgebet von Dietrich Bonhoeffer

Leben

Nein, das Leben geht nicht weiter. Und die Zeit heilt nicht alle Wunden. Sechs Wochen nach Michaelas Tod kann ich keinen Trost finden und es verletzt mich zutiefst, wenn manche Leute es mit diesen abgedroschenen und gedankenlosen Phrasen versuchen.

In der Jahreslosung für das neue Jahr hat Gott da etwas ganz anderes zu sagen:

Siehe, ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf.
Erkennt ihr es denn nicht?
Jesaja 43,19

Nach dem ersten Hören möchte ich Gott anbrüllen: »Du schaffst etwas Neues? Du zerstörst! Du hast mir alles genommen, was ich hatte und war!« Aber nach der anfänglichen Aufregung spüre ich dann vielleicht doch, wie ganz klein und vorsichtig etwas Neues aus meiner völlig zerstörten Welt, Lebensfreude und Zukunft heraus entstehen kann: neues Vertrauen, neue Freundschaft, neues Licht. Ich danke dir, Gott.

Nein, das Leben geht nicht weiter. Aber ich hoffe, dass Gott etwas Neues schafft. Jetzt wächst es auf. Erkenne ich es?

Wie im Himmel

Der Film »Wie im Himmel« war unser letzter gemeinsamer Film. Die Geschichte und vor allem die Filmmusik haben uns sehr bewegt und werden mich mein ganzes Leben lang weiter bewegen. Das Lied »Gabriellas Sång« haben Michaela und ich wenige Minuten vor dem Unfall gemeinsam im Auto auf dem Weg zur Arbeit angehört.

Im Lied »Lenas Sång«, das Michaela zum Zeitpunkt des Unfalls im Auto alleine gehört hat, heißt es:

Night will fall, stars will shine.
And the moon will smile to ease your mind.
Questions why, life’s so strange.
Watch me fly, I’ll take you there to see.
So, fly away, hold my hand.
Feel the wind, take the sky.
Love will find, find a way,
I believe in you, fly with me.

Michaela, ich hoffe so sehr, dass Du den Himmel erreicht hast.

So muss der wahre Friede sein

Im Refrain des Liedes »Wie ein Fest nach langer Trauer« heißt es:

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeihn.

Meinen wahren Frieden kann ich nur finden, wenn ich vergebe. Es bringt nichts, die Person, die den tödlichen Unfall verursacht hat, zu hassen oder gar zu verfluchen. Und ich danke Gott, dass ich es bisher, trotz allem Schmerz und aller Wut, geschafft habe, diesen Hass von meiner Trauer um Michaela fernzuhalten. In diesen Tagen lasse ich der Person, die an Michaelas Tod schuld ist, folgende Zeilen per Post zukommen:

Vielleicht ist es ungewöhnlich, dass ich mich bei Ihnen melde, denn eigentlich hätte ich erwartet, dass Sie diesen Schritt tun. Ich bin der Ehemann von Michaela Bächle, die am 21. November durch Ihre Schuld aus dem Leben gerissen wurde. Unser gemeinsamer Weg wurde auf eine Art zerstört, die ich kaum ertragen kann. Meine Welt, meine Lebensfreude, meine Zukunft, alles hat sein Ende gefunden. Und doch erkenne ich, dass ich wahren Frieden nur durch Vergebung finden kann. Ich möchte Ihnen ganz ehrlich versichern, dass ich Ihnen vergebe und verzeihe; und ich hoffe, dass Sie ebenso den wahren Frieden finden werden.

Ich mache das nicht, weil ich ein guter Mensch sein will oder mich mit einem Verhalten rühmen möchte, das nur aufgesetzt ist. Ich mache das, weil ich überleben will und dafür meinen wahren Frieden wieder finden muss.

Schutzengel

Hat Michaelas Schutzengel versagt? Gibt es überhaupt Schutzengel? Und wenn ja, wo war dieser Schutzengel vor drei Monaten? Das sind Fragen, auf die ich keine Antworten habe, und die sich alle um die eine große Frage drehen: Warum hat Gott das alles zugelassen? Mein Kopf weiß, dass es darauf keine Antwort gibt und dass diese Frage letztlich so sinnlos ist, wie der tödliche Verkehrsunfall selbst es war. Aber mein Herz will Antworten! Wo warst du?

Ich bin dein Schutzengel,
eins mit dir von Geburt bis zum Tod.
Ich bin bei dir, in dir, neben dir, über dir, hinter dir.
Ich bin, wer du sein sollst und im Innersten sein willst.
Ich trauere mit dir und weine mit dir.
Ich freue mich mit dir und liebe mit dir.

Ich schütze dich, ich kämpfe für dich, ich leite dich.
Wann immer du mich rufst, bin ich schon bei dir,
und ich helfe dir auch dann, wenn du es nicht weißt.
Meine Flügel umhüllen dich wie ein leuchtendes Kleid.

Ich bin Gottes Segen. Immer bei dir.

Hildegunde Wöller

In meiner Hand ist oft ein Engel, vielleicht ist er selbst kein Schutzengel, aber im wahrsten Sinne des Wortes ein handfestes Symbol für Gottes Segen. Dieser Engel bedeutet mir sehr viel, er wurde vom Bildhauer Christoph Fischbach aus Bronze geschaffen. Mein Vater, der im Sommer 2002 gestorben ist, hält einen dieser Bronzeengel in seinen Händen. Michaela trägt nun unsere beiden selbstgeschmiedeten Verlobungsringe und hält sogar zwei Bronzeengel in ihren Händen, einen von ihrer Mutter, einen von mir. Der Bronzeengel ist für mich vor allem ein Symbol des Lebens. Ich habe den wichtigsten Menschen, die mir in dieser schrecklichen Zeit und doch mitten im Leben so wertvoll sind, jeweils einen dieser Engel geschenkt, verbunden mit der Zusage: »Ich geb dir einen Engel mit.«

Vielleicht wird mein Herz niemals eine Antwort bekommen, aber mit dem Bronzeengel – eben doch dem Schutzengel – in meiner Hand spüre ich: Gottes Segen ist da, das ganze Leben lang und darüber hinaus.

Gott verlasse dich nicht

Fast ein Jahr nach Michaelas Tod ist heute der Grabstein aufgestellt worden, der nach intensiven Gesprächen ganz individuell vom Steinbildhauermeister Hubert Benz aus Eckartsweier für Michaela geschaffen wurde.

Gott spricht:
Ich lasse dich nicht fallen
und verlasse dich nicht.
Josua 1,5

So steht es in der Losung zu Michaelas Todesjahr und nun auch auf dem Grabstein. Mit Trauer um das verlorene Leben, aber auch mit Zuversicht auf neues Leben und auf Gottes Segen hoffe ich: Gott möge Michaela nicht verlassen; Gott möge uns nicht verlassen.

Hoffnung

Willst du mir noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
so will ich des Vergangenen gedenken
und dann gehört dir mein Leben ganz.

Nach dem Gedicht »Von guten Mächten« von Dietrich Bonhoeffer

Niemand soll sagen, das Leben gehe weiter, denn im November 2006 wurde alles Leben und alle Hoffnung unwiederbringlich zerstört. Und doch wächst da etwas Neues. Kein Leben, das weitergeht, aber ein Leben, das völlig neu beginnt und mich mit großer Hoffnung und Liebe erfüllt. Nur, wie kann ich für das Neue dankbar sein, wenn es doch aus dem Zerstörten hervorgegangen ist?

Gott, für vieles kann und will ich dir nicht danken. Aber ich will dir danken für das Vergangene, für das Leben und die Liebe. Du bist meine Freiheit, du bist meine Kraft, du schenkst mir den Frieden, du schenkst mir den Mut. Ich danke dir für alle Hoffnung, die nicht erloschen, sondern neu gewachsen ist.

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