Apfelfreund*innen

Grabstein für Michaela

Der Grabstein für Michaela wurde ganz individuell vom Steinbildhauermeister Hubert Benz aus Eckartsweier geschaffen.

Bei einer Radtour im April 2007 fahren Petra und ich zufällig an der Werkstatt von Hubert Benz vorbei. Wir halten an, um die Grabsteine, die dort im Garten ausgestellt sind, genauer zu betrachten, und sind sehr beeindruckt von der individuellen Gestaltung der einzelnen Steine. Wenige Tage später fahren wir wieder, diesmal ganz bewusst, nach Eckartsweier, um uns die Steine nochmals anzuschauen und Fotos zu machen. Seit einiger Zeit denke ich schon darüber nach, ob und vor allem wie der Schutzengel in einen Grabstein für Michaela integriert werden könnte, und ich bin mir sicher, dass Hubert Benz der richtige Steinmetz dafür sein wird.

Anfang Mai sprechen Herr Benz und ich das erste Mal miteinander. Ich habe den Schutzengel dabei und erzähle Herrn Benz, welche Rolle der Engel in meinem Leben und in Michaelas Tod spielt. Herr Benz hört aufmerksam zu, stellt Fragen, gibt Impulse und zeichnet am Ende unseres Gesprächs einen ersten Vorschlag auf, der mir ganz deutlich zeigt: alle meine Hoffnungen in Bezug auf die Gestaltung des Grabsteins für Michaela werden hier erfüllt. Ich sage Herrn Benz das ganz direkt und ich sage ihm, wie froh ich bin, dass ich zu ihm und seiner Kunst gefunden habe. Wir vereinbaren, dass Herr Benz Entwürfe für einen Grabstein aus hellem Sandstein erstellen wird und wir uns dann wieder treffen.

Im Juni erhalte ich 15 verschiedene Entwürfe. Am meisten sprechen mich die Vorschläge an, in denen aus dem Stein heraus zwei Säulen emporsteigen und in deren Mitte der Schutzengel steht. Herr Benz und ich treffen uns im Juli wieder. Er zeichnet den Grabstein in Originalgröße auf den Boden seiner Werkstatt und wir besprechen viele weitere Details. Es geht um die Form des Grabsteins, die Symbole, den Text und die tiefere Bedeutung hinter allem.

Aus dem Grabstein wachsen zwei Säulen empor. Die rechte, kürzere Säule steht für das Leben von Michaela, das zu früh und zu plötzlich zerstört wurde. Die linke, längere Säule steht für unser Leben, die wir durch Michaelas Tod zurückgelassen wurden. Der gemeinsame Weg mit Michaela wird durch rote und blaue Glassteine in der Mitte der beiden Säulen verdeutlicht. Die Säulen gehen abrupt auseinander und in der Spaltung steht der Engel, vielleicht als Todesengel, aber vor allem als Schutzengel. Auf der rechten Säule steht Michaelas Name, das Jahr ihrer Geburt und das Jahr ihres Todes. Auf der linken Säule steht die Jahreslosung zu Michaelas Todesjahr:

Gott spricht:
Ich lasse dich nicht fallen
und verlasse dich nicht.

Josua 1,5
Dabei sind die Segensworte »Gott verlasse dich nicht« hervorgehoben. Denn mit Trauer um das verlorene Leben, aber auch mit Zuversicht auf neues Leben und auf Gottes Segen hoffe ich: Gott möge Michaela nicht verlassen; Gott möge uns nicht verlassen.

Auf der Rückseite der linken Säule steht hinter dem Text aus der Bibel ein Fischsymbol als Zeichen für den, der hinter allem steht, hinter Michaelas Leben, hinter unserem gemeinsamen Leben, hinter Michaelas Tod, hinter unserer Trauer und hinter unserer Hoffnung, dass wir uns im Himmel wieder sehen werden: ICHTHYS. Jesus Christus, der Sohn Gottes.

Im Oktober wird der Sandsteinblock geliefert und nachdem die äußere Form des Grabsteins im November fertiggestellt ist, geht es wieder um viele Details, die Schrift, die Gestaltung der Oberfläche, die Glassteine, aber vor allem um den Engel. Für mich ist es faszinierend und sehr bewegend, so nah und intensiv dabeizusein und mitzuerleben, wie der Grabstein durch unsere Gespräche und die Arbeit von Herrn Benz immer mehr seine endgültige Gestalt annimmt. Die Entscheidungen fallen mir nun aber schwerer, denn anders als bisher werden diese Entscheidungen im wahrsten Sinne des Wortes in Stein gemeißelt. Ich muss mir sicher sein! Doch ja, ich bin mir sicher: die Trauer um Michaela, aber auch die Hoffnung auf Gott, finden in diesem Grabstein ihre Gestalt.

Am 19. November, zwei Tage vor Michaelas Todestag, ist nun der Grabstein aufgestellt. Um die pflanzliche Gestaltung des Grabes wird sich ab Dezember Johanna Harter aus Willstätt kümmern, die mir von Hubert Benz empfohlen wurde und deren künstlerisches und achtsames Vorgehen mir schon bei unserem ersten kurzen Gespräch gut gefallen hat.

Ich danke Hubert Benz von ganzem Herzen. Mit dem Schutzengel in der Hand und ein paar einfachen Ideen in meinem Kopf habe ich ihn zum ersten Mal getroffen. Durch sein Einfühlungsvermögen, seine Behutsamkeit und seine Kreativität hat er ein wahres Kunstwerk geschaffen, das Michaelas Grab zu einem würdigen Ort der Trauer, aber auch zu einem Ort der leisen Hoffnung macht: Bis wir uns im Himmel wieder sehen.

Die mobile Version verlassen