Die Träumer sind die Ersten
In diesen dramatischen Zeiten voller Ungewissheit geht mir ein Lied durch den Sinn, das ich schon seit über dreißig Jahren immer wieder gerne singe. Darin heißt es:
Die Klugen werden leise, die Dummen werden schrein,
die Alten werden weise und die Jungen älter sein.
Die Frauen werden stärker, die Männer werden weich,
die Reichen werden frieren und die Armen werden gleich.Die Zärtlichen gewinnen, die Harten werden gehn,
Aus dem Lied: Die Träumer sind die Ersten
die Schwätzer werden sprachlos und die Ruhigen verstehn.
Die Träumer sind die Ersten, die Kalten sind besiegt,
das Kleinere wird wichtig und das Große unterliegt.
Text: Fred Ape
Der Text passt zu meinen eigenen Gedanken, Gefühlen und Sorgen rund um die Corona-Pandemie. Ich habe mich immer gefragt, ob mir das Lied für die Zukunft Mut macht oder mich mit Angst erfüllt. Bis heute weiß ich es nicht.
Nachtrag am 8. April 2023 – Angelangt am scheinbaren »Ende der Pandemie« bleibt die Erkenntnis: die Dummen waren und sind zu laut, die Klugen zu leise.
Die Hoffnung verfliegt
Mein Blick geht zurück. Auf das vergangene Jahr. Auf die letzten zehn Jahre. Auf unsere Familie. Und ich sehe Glück, Liebe, Freude, erfüllte Hoffnung, Dankbarkeit. Doch dann weitet sich mein Blick. Auf die Welt. Auf das neue Jahr. Auf die kommenden Jahre. Und im Angesicht der Krisen unserer Welt vergeht mir das Glück, wächst vielmehr die Sorge und verfliegt die Hoffnung. Da lese ich die Jahreslosung und höre ein Lied dazu:
Ich hoffe, doch die Hoffnung verfliegt.
Und frage, ob das Gute wohl siegt.
Die Zukunft scheint oft dunkel und schwer.
Ich bete: Bleibe bei uns, o Herr.Hilf mir doch! Halte mich!
Gottfried Heinzmann, Hans-Joachim Eißler
Ich will an dich glauben und kann es oft nicht.
Auszug aus dem Lied zur Jahreslosung 2020
Evangelisches Jugendwerk in Württemberg
Hin- und hergerissen zwischen meinem Glauben und Unglauben, meinem Vertrauen und Misstrauen ist in mir meine ganz eigene Jahreslosung:
Ich hoffe; hilf meiner Hoffnungslosigkeit!
Nach Markus 9,24
Schwarzer Freitag




Globaler Klimastreik! K2 und ich sind wieder zusammen unterwegs. Doch heute ist nicht nur der Komsumwahnsinn »Black Friday«, heute ist tatsächlich ein schwarzer Freitag. In der Stadtkirche sind vielleicht zwanzig Leute zum Schöpfungsgebet versammelt. Und in die Offenburger Innenstadt haben es gerade einmal dreihundert geschafft, um sich dort an der Kundgebung zu beteiligen. Im September waren es zweitausend Menschen. Klar, es regnet und ist kalt. Aber zum Glück sieht es in anderen Städten anders aus:
- Fridays for Future: 300 Teilnehmer in Offenburg (Baden Online)
- Mehr als 10.000 Menschen demonstrieren bei Fridays for Future in Freiburg
(Badische Zeitung)
Wir hören hochmotivierte Reden und sind selbst gut bei der Sache, aber beim Demozug durch Offenburg sehe ich nicht selten in die fragenden und gleichgültigen Gesichter der Leute am Straßenrand: »Die Erde brennt? Was wollt ihr denn, es regnet doch und ist kalt!« – Es ist noch ein weiter Weg, für den aber immer weniger Zeit bleibt.
Weil ihr uns die Zukunft klaut


»Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!« Mittendrin im Klimastreik: Die kleine Apfelschwester sitzt auf meinen Schultern und ruft begeistert die Slogans der Leute drumherum mit. Natürlich habe ich ihr von der Klimakrise erzählt und warum wir hier mitmachen. Was die kleine Apfelschwester vielleicht noch nicht ganz versteht: Auch ich klaue ihr die Zukunft. Ich, der Vater, der bereit ist, alles für seine Kinder zu tun, und der doch ebenso wie alle anderen Mitschuld hat an der Klimakrise. Den ganzen Sommer habe ich es nicht auf die Reihe gebracht, auch nur ein paar wenige Male mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren; und im Winter finde ich erst recht eine Ausrede. Dies ist durch nichts zu entschuldigen, aber es disqualifiziert mich nicht, mir um das Klima und die Zukunft meiner Kinder Sorgen zu machen.
Tatsächlich ist es noch schlimmer, denn die Zeit, da mein Verhalten oder das Verhalten von Einzelpersonen ganz allgemein noch etwas an der Klimakrise ändern könnte, ist vorbei. Es muss sich politisch etwas bewegen. Wir brauchen den großen Plan und Verantwortliche, die sich trauen, diesen umzusetzen:
- Das ist jetzt zu tun! – Mai Thi Nguyen-Kim (YouTube)
- Bundesregierung, WTF? – Mai Thi Nguyen-Kim (YouTube)
Und weil die Politik heute an diesem so wichtigen Tag versagt hat, werden wir mit unseren Kindern noch sehr oft an Demonstrationen teilnehmen und unsere Forderungen rufen. Weil wir und vor allem die Politik und Wirtschaft unseren Kindern die Zukunft klauen. Und das wollen und müssen wir ändern.