Die Apfelschwestern üben im Garten das Fahnenschwingen für die anstehenden Demos.
Das tolle Motiv »Fight for the Future« stammt von Nadine Roßa und Susanne Mierau.
Familie Matern
Die Apfelschwestern üben im Garten das Fahnenschwingen für die anstehenden Demos.
Das tolle Motiv »Fight for the Future« stammt von Nadine Roßa und Susanne Mierau.
Nach über fünf Wochen gibt es noch keine Reaktion der Evangelischen Kirchengemeinde Offenburg. Also stellt Andreas am 24. August nochmals die immer dringendere Frage, welche Vorbereitungen getroffen werden bzw. Schutzmaßnahmen geplant sind für die Kindertagesstätten der Kirchengemeinde.
Als Antwort will ich nicht hören, was die Stadt, das Land oder der Staat planen. Ich will hören, was die Kirchengemeinde plant. Mir geht es dabei nicht nur um Luftfilter, sondern vielmehr um konkrete Konzepte. Und nicht zuletzt geht es mir um eine glaubhafte Willenserklärung, dass der Kirchengemeinde das Kindeswohl in dieser besonderen Ausnahmesituation tatsächlich am Herzen liegt. Denn nicht einmal das habe ich deinen und euren bisherigen Antworten entnehmen können.
Aber nicht nur die Evangelische Kirchengemeinde Offenburg versteckt sich hinter Stadt, Land und Staat. Auch von der Evangelischen Landeskirche in Baden und der Evangelischen Kirche in Deutschland haben wir bisher nichts zum Infektionsschutz von Kindern in den Kindertagesstätten der Kirche gehört.
Und während der Bundesgesundheitsminister mitteilt: »Jeder Nichtgeimpfte wird sich im Herbst und Winter mit nahezu hundert Prozent anstecken.« und damit vor allem die ungeimpften Kinder unter 12 Jahren meint, ist den Verantwortlichen der Evangelischen Kirchengemeinde Offenburg vielleicht immer noch nicht bewusst, welches Risiko sie mit ihrem Nichthandeln eingehen und welche Schuld sie sich aufladen, sollte im Herbst auch nur ein einziges Kind aufgrund nicht vorhandener Schutzmaßnahmen in einer Kindertagesstätte der Kirchengemeinde erkranken.
Die Stadt, das Land und der Staat sind diejenigen, die die Infizierung unserer Kinder billigend und gewissenlos in Kauf nehmen. Eine Kirche, die dazu schweigt und nichts dagegen tut, ist nicht meine Kirche.
Umso mehr hoffen wir trotz allem immer noch darauf, dass die Evangelische Kirche eine Antwort bereithält, die tatsächlich das Wohl der Kinder im Blick hat. Die Verzweiflung ist groß und wächst weiter.
Spoiler: Die Kirche schützt die Kinder genauso wenig wie der Staat.
Wir sind nach wie vor mitten in einer Pandemie. Und während kluge Erwachsene so weit wie möglich geimpft sind, werden es Kinder auch in naher Zukunft nicht sein können. Seit einigen Wochen gehen unsere Kinder wieder in die Grundschule und den Kindergarten, aber noch nicht in den Hort. Als Eltern beobachten wir alles sehr genau und sind bereit, ggf. unsere ganz eigene Notbremse zu ziehen.
Von enormer Wichtigkeit ist, dass der Infektionsschutz unserer Kinder ernstgenommen und nicht mit einem »leichtem Verlauf« kleingeredet wird. Raumluftfilter als ergänzende Schutzmaßnahme sind ein Thema, das uns sehr beschäftigt, und deren Anschaffung wir befürworten und fordern.
Doch der Staat zögert zu sehr. Träger unseres Kindergartens ist aber nicht der Staat, sondern die Evangelische Kirchengemeinde Offenburg, in der sich Andreas mehr als drei Jahrzehnte lang in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen engagiert hat. Eine Institution, der aufgrund ihres christlichen Selbstverständnisses das Wohl der Menschen und besonders der Kinder am Herzen liegen sollte. Also stellen wir der Kirchengemeinde und dem Kirchengemeinderat am 4. Juli die folgenden Fragen:
… welche Vorbereitungen werden derzeit getroffen bzw. welche Schutzmaßnahmen sind für die Einrichtung geplant, wenn voraussichtlich im Herbst die Zahl der SARS-CoV-2-Neuinfektionen vor allem bei den Kindern wieder steigen wird? Wer entscheidet für die Einrichtung über die Anschaffung von HEPA-Luftfiltern? Ist eine solche Entscheidung eventuell bereits getroffen worden bzw. bis wann ist diese geplant?
Der Geschäftsführer der Kirchengemeinde antwortet: »Wir sind in engem Kontakt mit der Stadt und warten auf die Entscheidung des Landes«, und die Vorsitzende des Kirchengemeinderates will »umgehend Rückmeldung geben, wie wir mit eurem Anliegen umgehen«. Wir werden deutlicher:
… Unsere Kinder besuchen aber keinen städtischen, sondern einen Kindergarten der Evangelischen Kirche. Im Vorwort der Broschüre der Diakonie zu den Evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder wird im ersten Satz die Sorge um das Wohl der Kinder betont. Dieses Wohl ist akut in Gefahr. Jedes weitere Warten auf andere und auf das voraussichtliche Ansteigen der Neuinfektionen im Herbst, vermindert die Handlungsfähigkeiten und wird den Schutz unserer Kinder verschlechtern. Aus Sicht der Eltern und Kinder ist das eine Katastrophe mit Ansage.
Wir halten es daher für angemessen, dass der Kirchengemeinderat nicht auf Entscheidungen der Verwaltung, der Stadt oder des Landes wartet, sondern selbst über mögliche Schutzmaßnahmen, vor allem in Form von HEPA-Luftfiltern diskutiert und entscheidet … Wir bitten euch daher, euch für eine solche Diskussion in der kommenden Sitzung des Kirchengemeinderates in dieser Woche einzusetzen …
Die Sitzung des Kirchengemeinderats ist am 8. Juli. Was dort diskutiert oder entschieden wird, erfahren wir nur bruchstückhaft über Umwege, nicht jedoch von offizieller Seite. Von dort heißt es auf Anfrage: »[der Geschäftsführer] hat das weitere Vorgehen erläutert und wird die Kirchengemeinderäte auf dem Laufenden halten.« Das hört sich nicht so an, als wäre über mögliche Schutzmaßnahmen diskutiert worden, oder dass jemand die potenzielle Gefahr verstanden hätte. Andreas schreibt am 15. Juli:
… Ich bin ganz ehrlich irritiert, wie mit unseren Anliegen umgegangen wird, in dem Worte wie »Erkrankung«, »potenziell lebensbedrohlich«, »Kindeswohl in akuter Gefahr« und »Katastrophe mit Ansage« vorkommen. Wir machen uns große Sorgen, und die bisherigen Antworten sind dem nicht angemessen und werden der Verantwortung der Evangelischen Kirche gegenüber den Kindern nicht gerecht.
Darauf erhalten wir keine Antwort. Angeblich soll die Diskussion in der Kirchengemeinde weitergehen. Wir warten. Die Neuinfektionen steigen derweil.
Andreas am
Im Gedenken an die vielen Menschen, die an COVID-19 gestorben sind.
Allesamt Opfer derjenigen, die nicht handeln.
Meinen Kindern hab ich es gestern Abend so erklärt: »Stellt euch vor, ein Schiff sinkt und viele Menschen sind schon ertrunken. Und während das Schiff sinkt und noch immer Menschen an Bord sind, will jemand eine Gedenkfeier für die Verstorbenen veranstalten, anstatt endlich Rettungsboote zu schicken.«
Dass wir deshalb und dafür keine Kerzen anzünden und ins Fenster stellen wollen, war den Kindern schnell klar. Ihnen drei Kerzen aus unserer Kerzensammlung für die Protestaktion »Einkerzen« abzuschwatzen, war aber schon etwas schwieriger. Die Kerzen am Rathaus alleine abzulegen, haben wir uns dann auch nicht so richtig getraut. Wie gut, dass wir eine gleichgesinnte Familie bei Twitter gefunden haben. Und diese hatte heute nicht nur drei, sondern gleich dreihundert Kerzen dabei.
Das Lernen zu Hause ist anstrengend. Es ist aber auch erforderlich angesichts der laschen Handhabung der Infektionsschutzmaßnahmen im Kindergarten und in der Grundschule. Und dann gibt es Augenblicke wie auf diesem Schnappschuss: Der kleine Apfelbruder schaut der kleinen Apfelschwester beim Schreibenlernen zu. Insgeheim lernt er sogar schon selbst die Zahlen und Buchstaben, obwohl er erst im Sommer 2023 in die Schule kommen wird. Und wird sind dankbar dafür, wie unsere Kinder und wir als Familie zusammenhalten, um diese Krise zu bewältigen.