Meine Beziehung zur Kirche bekam einen Knacks, als ich anfing, nach Inhalten zu suchen, die über die bunte Kinderbibel hinausgehen.
Leider endete meine spirituelle Sinnsuche meistens etwa zehn Minute nach Gottesdienstbeginn. Wenn ein untalentiertes Gemeindemitglied die Bibellesung vernuschelt, […] wenn die uralte Mikrofonanlage mal wieder kläglich versagt, wird sich mein Geist von Gott abwenden und auch durch gutes Zureden nicht mehr zum Zurückkommen zu bewegen sein. Weihnachten vor drei Jahren war ich zweimal in der Kirche und zweimal bekam ich Predigten in der Form einer hübschen Tiergeschichte serviert.
Aber das Gefühl, dass in der Kirche tatsächlich eine Gemeinschaft der Gläubigen zusammenkommt und nicht eine irgendwie zusammengewürfelte Gruppe Vereinsamter und Wichtigtuer mit einem wohlmeinenden, aber ahnungslosen Oberhaupt, das hätte ich schon gerne, wenn ich in die Kirche gehe. Ist das zu viel verlangt?
Aus einem Text von Helene Pawlitzki
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Helene Pawlitzki hat recht. Und wie! Die vernuschelte Bibellesung, die uralte Mikrofonanlage, ja sogar die Tiergeschichten (nicht nur an Weihnachten!), das alles habe ich schon mehrfach erlebt und erlebe es immer und immer wieder. Und es ist mir ein Graus. Aber ich bin auch froh, dass ich, seitdem ich aus dem Kinderbibellesealter herausgewachsen bin, bei dieser Kirche mit dabei sein kann, um die ganze Sache ab und zu so mitgestalten zu können, dass sich auch Leute wie ich dort wohlfühlen und manchmal sogar einen spirituellen Sinn finden können. Allen gleichzeitig kann es die Kirche sowieso nicht recht machen, schon gar nicht im sonntäglichen Gottesdienst.
In den letzten Jahren war mein Dabeisein allerdings nicht mehr so ausgeprägt; nicht zuletzt auch deshalb, weil vieles in meinem Leben so unerwartet und unvorbereitet endete. Umso mehr freue ich mich auf die Chance, wieder mehr in meiner Kirche dabeisein zu können. Ich habe sie vermisst, meine Kirche. Vor einigen Tagen wurde ich gefragt, ob ich mich für den Ältestenkreis der Evangelischen Stadtkirche Offenburg aufstellen lassen möchte.
Petra Matern :
»Allen gleichzeitig kann es die Kirche sowieso nicht recht machen, schon gar nicht im sonntäglichen Gottesdienst.« — Von einer Mikrofonanlage, die funktioniert, haben aber alle etwas.
Johanna Saemann :
Und was wäre Kirche, wenn jeder in seinem alltäglichen Tun Gottesdienst halten würde? Wenn ein Gottesdienst in seiner heutigen Form (Tiergeschichten, Mikrofonanlage, etc.) überflüssig werden würde, weil jeder seine ganz eigene innere Verbindung zu Gott pflegt? Können wir das überhaupt? Oder sind wir zu sehr von diesen “äußerlichen” Formen abhängig?
Andreas Harder-Matern :
Es sind weniger äußerliche Formen als vielmehr die Gemeinschaft, von der wir abhängig sind und die wir brauchen. Kann ich meine innere Verbindung zu Gott pflegen, wenn ich immer nur mit ihm und mir alleine bin? Ich möchte diese Verbindung, diese Spiritualität, diesen Glauben auch mit anderen teilen. Mit meiner Familie, mit meinen Freunden und natürlich mit meiner Gemeinde. Ein gemeinsamer Gottesdienst kann dafür ein guter Ort sein.